Ausblick Obligationen: Zinssenkungen als Chance im Jahr 2025
Anlegerinnen und Anleger in Obligationen haben gute Gründe, für das kommende Börsenjahr 2025 positiv gestimmt zu sein. Angesichts der Chancen und Risiken erscheinen uns drei Unterbereiche im Anleihenuniversum besonders interessant.
Autoren: Thomas Kirchmair und Lukas Aschwanden
Wir blicken zuversichtlich ins neue Jahr: Unsere Erwartungen zu Obligationen für 2025 sind positiv, selbst mit Blick auf die tiefen Kreditprämien (Spreads). So sind die laufenden Renditen immer noch überdurchschnittlich hoch (siehe Grafik unten). Derweil wissen wir aus der Vergangenheit, dass Spreads auch für längere Zeit auf tiefem Niveau verharren können.
Mit Blick auf die Konjunktur gehen wir von einem robusten globalen Wachstumsbild aus, wobei sich die Inflation allmählich zurückbilden sollte. Damit dürften auch die globalen Leitzinsen weiter sinken, nachdem sie sich momentan noch auf einem restriktiven Niveau befinden. Das sind unserer Meinung nach gute Aussichten für den breiten Obligationenmarkt.
Überdurchschnittlich hohe laufende Renditen
Aktuelle laufende Renditen (Yield to Worst) sowie durchschnittlicher Yield to Worst der letzten zehn Jahre (in %, in Lokalwährung)
Willkommene Diversifikation
Zusätzlich sind Obligationen auf den aktuellen Rendite-Niveaus im Quervergleich eine echte Alternative zu den teils sehr hohen Bewertungen am Aktienmarkt. Ebenfalls für den Ausbau des Anleihen-Exposures spricht die zuletzt beobachtete Trendwende bezüglich der Korrelation zwischen Obligationen und Aktien. Diese war wieder negativ und kann die Portfolio-Rendite in Stresssituationen entsprechend stützen. Wir gehen momentan davon aus, dass die Inflation im Jahr 2025 allmählich abnimmt und die negative Korrelation gerade in Stress-Szenarien weiterhin anhalten sollte. Seit der Jahrtausendwende (siehe Grafik unten) hat sich die negative Korrelation als der Normalfall erwiesen.
Vor dem Hintergrund des Amtsantritts des neuen US-Präsidenten Donald Trump und seiner unorthodoxen Politik könnten Volatilität und somit Risikoprämien ansteigen. Anleihen bieten hier historisch gesehen gute Diversifikationseigenschaften in einem Multi-Asset-Portfolio.
Negative Korrelation zwischen Aktien und Obligationen am US-Markt
Korrelation der Preisveränderungen (90 Tage rollierend)
Welche festverzinslichen Anlageklassen 2025 im Fokus sind
Vor diesem Hintergrund lässt sich ein Anleihen-Exposure je nach Markteinschätzung und Risikoappetit über verschiedene Sub-Anlageklassen aufbauen. Innerhalb des breiten Obligationen-Universums richten wir den Fokus auf drei Subklassen, welche uns im aktuellen Umfeld als attraktiv erscheinen:
1. Global Aggregate: Einstiegsmöglichkeit dank «Trump Trade» verlängert
Die Angst vor einer inflationären Fiskal- und Handelspolitik in den USA haben die globalen Renditen in den letzten Wochen wieder ansteigen lassen. Wir sind der Meinung, dass sich ein Einstieg dank diesem «Trump Trade» und auf dem aktuellen Niveau für CHF-Investoren mittelfristig lohnen könnte. Dies, zumal die Anlageklasse uns auch relativ zum Aktienmarkt attraktiv erscheint.
Zugegebenermassen mag die aktuelle Rendite im Bereich Global Aggregate, abgesichert in CHF, aufgrund der hohen Absicherungskosten nicht besonders attraktiv aussehen – eine Investition im heimischen Frankenmarkt scheint da auf den ersten Blick sinnvoller zu sein. Der direkte Vergleich der laufenden Renditen nach Berücksichtigung der Kosten für das Hedging allein ist jedoch nicht aussagekräftig für die zukünftige Performance. Entscheidend ist vielmehr die Einschätzung des globalen Zinszyklus. Da sich die CHF-Renditen schon nahe der Nulllinie befinden und die Zentralbanken in den USA, Europa und Grossbritannien wohl erst mit dem Zinssenkungs-Zyklus begonnen haben, dürften die Renditen in diesen Währungsräumen stärker absinken als im Heimatmarkt. Durch den Durations-Effekt erwarten wir daher grössere positive Preisbewegungen bei Anleihen in diesen Märkten relativ zum CHF-Obligationenmarkt. Dies dürfte Hedgingkosten über das Jahr gesehen mehr als ausgleichen.
Die strukturelle Schuldenthematik in jenen Regionen könnte zwar einen etwas dämpfenden Effekt auf das Ausmass der Zinssenkungen haben; dennoch sind wir der Überzeugung, dass die zyklischen Faktoren wie schwaches Wachstum und hohe Arbeitslosenquoten den strukturellen Faktor der steigenden Verschuldung mittelfristig in den Hintergrund drängen könnten.
2. Global Corporates: Tiefe globale Renditeaufschläge und Potenzial in Europa
Die Spreads befinden sich derzeit weltweit auf rekordtiefen Niveaus, wobei jedoch signifikante Unterschiede in den einzelnen Sub-Segmenten zu beobachten sind. Insbesondere im europäischen Raum sehen wir in den kommenden Monaten Potenzial für Kreditrisiken, da die Spreads hier noch deutlich attraktiver sind als beispielsweise in den USA. Dies gilt sowohl für Investment-Grade-Anleihen als auch für Hochverzinsliche (High Yield Bonds).
Unabhängig vom aktuellen Spread-Niveau sind wir jedoch davon überzeugt, dass eine strategische, langfristige Allokation in Unternehmensanleihen sowie in hochverzinsliche Anleihen (siehe nächster Abschnitt) für den Anlageerfolg von institutionellen Investoren wie Pensionskassen von zentraler Bedeutung sein dürfte. Weil nämlich die klassischen Benchmarks für institutionelle Anleger wie der Swiss Bond Index und der Global Aggregate Index von sehr hoch bewerteten Schuldnern dominiert werden, verzichten Investoren ohne Allokation in höher verzinste Anleiheklassen auf einen potenziell strukturellen Rendite-«Booster», der durch den Zinseszinseffekt noch zusätzlich verstärkt wird.
Regionale Unterschiede bei den Kreditprämien von Unternehmensanleihen
Spreads in Basispunkten (Bp)
EUR Investment Grade Corporates |
USD Investment Grade Corporates |
||
97 Bp Option Adjusted Spread (OAS) |
-46 Bp OAS-Entwicklung 12 Monate |
78 Bp Option Adjusted Spread (OAS) |
-32 Bp OAS-Entwicklung 12 Monate |
EUR High Yield Corporates |
USD High Yield Corporates |
||
305 Bp Option Adjusted Spread (OAS) |
-114 Bp OAS-Entwicklung 12 Monate |
246 Bp Option Adjusted Spread (OAS) |
-115 Bp OAS-Entwicklung 12 Monate |
Quellen: Zürcher Kantonalbank, ICE per 11.12.2024
3. Chancen in hochverzinslichen Anlageklassen
Wir rechnen auch im neuen Jahr mit einer weiterhin grossen Nachfrage nach Obligationen mit hohen laufenden Renditen. Trotz sehr tiefem Spread-Niveau dürften Spezialitäten wie Emerging Market Debt (Schwellenland-Anleihen), CoCos (Pflichtwandel-Anleihen), Corporate Hybrids (nachrangige Unternehmensanleihen) oder High Yield Bonds auch im neuen Jahr auf grosses Interesse stossen. Denn die laufenden Renditen sind für die meisten der genannten Anlageklassen immer noch überdurchschnittlich hoch, wie bereits weiter oben besprochen wurde.
Zudem könnten Corporate Hybrids, CoCos und High Yield Bonds dank ihrer tieferen Duration von der geringeren Zinssensitivität profitieren. Das kann diese Investments auch für Anlegerinnen und Anleger attraktiv machen, die von einem erneuten Aufflammen der Inflation ausgehen. Im Fall der Corporate Hybrids kommt unterstützend hinzu, dass viele dieser Anleihen typischerweise von sehr soliden Emittenten ausgegeben werden. Unsere dedizierten Portfoliomanager für diese interessante Anlageklasse beobachten den Markt sehr genau und haben jüngst mehrere Faktoren identifiziert, welche die Anlageklasse nächstes Jahr mitprägen dürften.
Fazit: Unsere Erwartungen für 2025 auf einen Blick
- Obligationen gehören unserer Meinung nach bei den aktuellen Rendite-Niveaus in jedes Portfolio. Dies, weil die laufenden Renditen attraktiv erscheinen und die Korrelation zu Aktien zuletzt wieder negativ war.
- Die höheren globalen Zinsen bieten viel Raum für eine Zinskompression, wovon globale Obligationen-Portfolios hedged in CHF überproportional profitieren dürften.
- Die Spread-Niveaus sind tief. Dennoch ist eine differenzierte Betrachtung wichtig, und eine langfristige, strategische Allokation in Spread-Produkte könnte sich unseres Erachtens auszahlen.
- Kurze, hochverzinste Obligationen-Klassen wie CoCos, Corporate Hybrids und High Yield bieten unserer Meinung nach attraktive laufende Renditen bei geringeren Zinsrisiken. Dadurch dürften sie sich als weniger sensitiv erweisen, wenn der Inflationsdruck entgegen unserer Erwartung zunehmen sollte. Trotzdem könnten sie ähnliche Renditen wie Aktien abwerfen.