Faktorinvesting – Zutaten für langfristige Überrenditen
Viele Faktorstrategien orientieren sich an klassischen Definitionen der Wissenschaft. Dabei generieren gewisse Faktoren längst keinen Mehrwert mehr. Worauf es stattdessen ankommt.
Autor: Elias Lipp, Senior Product Specialist Equities & Themes
Die Forschung zu Faktorstrategien generierte in den vergangenen Jahren eine Vielzahl weiterer Faktoren. Die heute am weitesten verbreiteten Faktoren lauten Value, Quality, Momentum, Low Volatility und Size. Dabei variiert die Definition der Faktoren stark zwischen den verschiedenen Ökonomen und Anbietern. Viele Anbieter orientieren sich nach wie vor an den klassischen Faktordefinitionen von Fama-French oder anderen Ökonomen, die ihre Studien hauptsächlich in den 1990er Jahren verfasst haben.
Folgende Grafik zeigt jedoch, dass die beiden klassischen Faktoren Size (Unternehmensgrösse) und Value (Kursbuchverhältnis) gemäss der Definition von Fama-French seit einigen Jahren keine Überrendite mehr liefern.
Was ist das Fama-French-Dreifaktorenmodell?
Grundlage des in den 1990er-Jahren aufgestellten Dreifaktorenmodells von Eugene Fama und Kenneth French bildet die Modern Portfolio Theory von Markowitz aus 1950 bzw. das Capital Asset Pricing Modell aus 1960. Neben der Marktrendite fanden Fama und French eine Signifikanz, dass die Rendite eines Portfolios oder einer Aktie zusätzlich mithilfe der Unternehmensgrösse (langfristiger Vorteil für klein- und mittelkapitalisierte Firmen) und dem Kursbuchverhältnis (langfristiger Vorteil für Firmen mit einem tiefen Buchwert relativ zum Aktienkurs) erklärt werden kann. Das Dreifaktorenmodell gilt bis heute als Geburtsstunde der Faktorstrategien.
Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass sich viele Faktoren im aktuellen Marktumfeld schwer tun. Selbstverständlich ist keine aktive Strategie vor negativen Jahren gefeit. Damit ein aktives Multifaktormodell über einen längeren Zeitraum (z.B. fünf Jahre) den Gesamtmarkt outperformen kann, braucht es heutzutage sophistizierte Definitionen und ein konsequentes Research, das einerseits die ausgewählten Faktoren kritisch hinterfragt und andererseits nach potenziell neuen Faktoren Ausschau hält. Dabei müssen Anpassungen immer sorgfältig abgewogen werden. Orientierung bieten folgende Fragen:
- Wann hat eine Veränderung einen fundamentalen Hintergrund und wann handelt es sich nur um eine temporäre Abweichung, wie z.B. während der Dotcom-Blase oder der Finanzkrise?
- Bietet die Anpassung einen ökonomischen und signifikanten Mehrwert oder handelt es sich bloss um Data Mining?
- Wo braucht es Konstanz, wann ist Anpassung gefragt?
Unser Ansatz
Wir vertrauen dabei auf unsere langjährige Expertise und unseren systematischen Research-Prozess. In den vergangenen 20 Jahren haben wir unser Modell laufend weiterentwickelt.
In den vergangenen fünf Jahren wurden rund 30 Sub-Faktoren im Detail geprüft. Von denen wurden schlussendlich zwölf zusätzlich ins Modell integriert. Aktuell besteht unser Multifaktormodell aus den drei Hauptfaktoren Value, Quality und Momentum, die zusammen auf 26 Subfaktoren basieren.
Neben der deutlich umfangreicheren Zusammensetzung unterscheidet sich unser Multifaktormodell in folgenden Punkten von klassischen Faktordefinitionen:
- Unser Modell ist sektor-neutral, was zu einer deutlich höheren Stabilität führt.
- Wo immer möglich, greifen wir bei der Berechnung der Faktoren auf aktuelle Marktdaten oder Analystenschätzungen (Prognosen) zurück. So vermeiden wir, mit irrelevanten Daten zu arbeiten.
- Unsere Portfolios werden monatlich bis zu einem vordefinierten Maximum (in der Regel 10 Prozent) umgeschichtet. Dabei berücksichtigen wir auch die Transaktionskosten. So bleiben unsere Portfolios dynamisch, die Transaktionskosten aber im Rahmen.
- Neue Sub-Faktoren, die basierend auf unserem Research signifikant sind, können wir rasch in das Modell integrieren. Dazu sind keine vorgängigen Anpassungen in rechtlichen Dokumenten notwendig, was den Anpassungsprozess schnell in die Länge ziehen kann.
- Bei den Daten sind wir flexibler und können bei fehlenden Datenpunkten Annahmen treffen (z.B. Verwendung des Medianwerts). Dadurch können wir weitere Faktoren erschliessen, da wir uns nicht an einen starren Katalog halten müssen.