Moderater Effekt der neuen Importzölle auf globale Portfolios
Die USA haben überraschend neue Importzölle auf Schweizer Produkte von bis zu 39 % angekündigt. Gleichzeitig erschüttert ein politischer Eingriff in die US-Arbeitsmarktstatistik die Glaubwürdigkeit wirtschaftlicher Daten. Diese Entwicklung sorgt für Unsicherheit an den Märkten – doch wir sehen in beiden Fällen primär taktische Motive. Aufgrund des unsicheren finalen Ausgangs kombiniert mit unserer defensiven Titelselektion nehmen wir keine Anpassung an unserer Vermögensallokation vor.

Was ist passiert?
Wegen des grossen Handelsdefizits1 hat die US-Regierung unter Präsident Trump am vergangenen Mittwochabend, neue Strafzölle auf ausgewählte Schweizer Exportgüter angekündigt, die ab dem 7. August gelten. Betroffen sind insbesondere Güter der Medizintechnik, Maschinen- und Uhrenindustrie. Die Höhe der Zölle von bis zu 39% übertrifft bisherige Erwartungen deutlich und wurde ohne bilaterale Vorwarnung kommuniziert. Parallel dazu hat Trump am 1. August nach einem enttäuschenden US-Arbeitsmarktbericht die Leiterin des Bureau of Labor Statistics (BLS), Erika McEntarfer, entlassen. Die US-Wirtschaft hatte mit einem Nettozuwachs von nur 71'000 Stellen im Juli klar unter den Erwartungen gelegen (Konsens: 155'000). Zusätzlich kündigte Fed-Gouverneurin Adriana Kugler ihren Rücktritt per September an, wodurch Trump die Möglichkeit erhält, eine ihm nahestehende Person zu entsenden. Dies ist kommt ihm entgegen, da er Notenbank-Chef Powell, den er seit Monaten scharf kritisiert, ablehnend gegenübersteht. Im Markt-Fokus stehen ebenfalls die Quartalsgewinne von Unternehmen, welche bisher grösstenteils positiv überraschen, allen voran im Tech-Sektor. Firmen mit schwächeren Ergebnissen wie Amazon, Adidas oder Tesla werden hingegen sofort abgestraft.
Wie reagieren die Märkte bisher?
Die Aktienmärkte verloren mit einem Rückgang des MSCI World um 1.3% am Freitag nur leicht, gleichzeitig gingen die Renditen kurzfristiger US-Staatsanleihen angesichts gestiegener Zinssenkungserwartungen deutlich zurück. Der US-Dollar wertete ab, während Gold und US-Staatsanleihen zulegten – ein klassisches Flight-to-Quality-Verhalten der Investorengemeinde. Da der Schweizer Markt am Nationalfeiertag, dem 1. August geschlossen war, erfolgte die Reaktion des Schweizer Aktienmarkts am Montagmorgen (-0.7% für den SMI Index) verzögert. Sie deutet nur auf eine moderate Verunsicherung hin. Exportstarke Branchen sind eher unter Druck, wie etwa Luxusgüter (z. B. Swatch -2.2%, Richemont -1.3%) oder Maschinen- und Elektrotechnik (z. B. ABB -1.5%, OC Oerlikon -3.0%, Logitech -1.0%). Diese Sektoren liefern signifikante Anteile ihrer Produkte in den US-Markt und sind von den Zöllen direkt betroffen – sowohl bei ihren Margen als auch den Absatzchancen. Die Pharma-Schwergewichte Roche (-2.0%) und Novartis (-0.4%) bleiben vom Zollhammer vorerst verschont: Mit einer 60-Tage-Frist steht jedoch die Forderung nach tieferen Medikamentenpreisen im Raum.
Wie schätzen wir die Lage ein?
Schweizer Börse: Angesichts des bisherigen Verhandlungsmusters zwischen den USA und ihren Handelspartnern rechnen wir auch in der Schweiz damit, dass die Zollsätze in den nächsten Wochen niedriger ausfallen werden als angedroht. Die Zölle werden aber letztlich deutlich höher ausfallen als zu Jahresbeginn (zum Vergleich: Für die EU gelten 15% Zölle). Insofern werden Branchen mit starkem US-Export wie Uhren (Richemont und Swatch: 4.9% im SPI) darunter leiden. Für den SMI ist jedoch die getrennt laufende US-Forderung an die grossen internationalen Pharmafirmen (inkl. USA) viel bedeutender. Diese sollen per Ende September einen Vorschlag zur Reduktion der Medikamentenpreise unterbreiten (Indexgewicht von Roche und Novartis: 23% des SPI). Die historisch tiefe Bewertung des globalen Pharmasektors antizipiert jedoch bereits einen erwarteten Preisrückgang.
Schweizer Zinsen, Währung und Firmen: Höhere US-Zölle könnten nochmals niedrigere CHF-Zinsen auslösen und den Aufwertungsdruck des CHF ceteris paribus unterbrechen. Wir würden dies nur als kurzfristiges Ereignis einschätzen. Auf Titelebene sind wir eher defensiv positioniert: Wir sind untergewichtet im Bereich Luxusgüter, bei den grosskapitalisierten Pharmawerten und halten im Industriesektor mehrheitlich spezialisierte Firmen im Bereich Elektrifizierung und Automatisierung. In der generellen Exportindustrie mit starker Produktion in der Schweiz sind wir untergewichtet. Dagegen bevorzugen wir Finanztitel und mittelgrosse Nahrungsmittelwerte sowie auf den Heimmarkt fokussierte Unternehmen.
Globaler Kontext: So heftig die US-Zölle für die Schweiz erscheinen mögen, auf der Ebene eines gemischten globalen Portfolios sind zurzeit zusätzliche Treiber im Fokus. Die Firmengewinne sind auf dem Weg zu rund 8% Jahreswachstum in den USA, aber nicht alle Magnificient 7 können dieses Tempo halten. Mit 1.5 Prozent wächst die US-Konjunktur im 2025 noch halb so stark wie im 2024, allerdings beschleunigt sich das Wachstum im Rest der Welt. Die Glaubwürdigkeit der US-Regierung wird mit anstehenden Personalfragen angezweifelt, was sich durch eine USD-Abwertung bemerkbar macht. Insgesamt erwarten wir jedoch ein konstruktives Bild mit möglichen anstehenden Verschiebungen innerhalb der Regionen (USA zu EM), Sektoren (zu Pharma) und Währungen (USD zu CHF und Gold).
Wie schlägt sich unsere Anlagetaktik?
Die Portfolios haben am Freitag absolut leicht verloren. Unsere grössten Präferenzen sind in Staatsanleihen Ausland (welche mehr profitiert haben als die untergewichteten CHF-Obligationen), Aktien Emerging Markets (gleichauf mit den entwickelten Börsen) und Gold (+2%). Der CHF/USD ist volatil, geht aber eher in Richtung unserer CHF-Präferenz. Die Alternativen Anlagen wie Insurance-Linked Strategies zeigen sich hingegen vom Schweizer Zollhammer unbeeindruckt.
Welche Anpassungen nehmen wir vor?
Für unsere global aufgestellten Portfolios sind US-bezogene Treiber wie die starken Firmengewinne, eine schwächelnde Konjunktur oder die Glaubwürdigkeit der Regierung entscheidende Faktoren. Im Schweizer Aktienmarkt sind unsere Portfolios strategiegewichtet, kombiniert mit einer defensiven Titelselektion. Der exportlastige Pharmasektor ist von der aktuellen Zollandrohung vorerst nicht betroffen. In Summe sehen wir ein konstruktives Bild, welchem wir mit unseren regionalen und sektoralen Präferenzen derzeit ohne taktischen Änderungsbedarf begegnen (siehe dazu unser aktuelles Asset Allocation Update). Das grösste Risiko wäre ein deutlicher abrupter Verlust des CHF und ein markanter Fall der Obligationenrenditen unter null Prozent.
1 Der Schweizerische Handelsbilanzüberschuss gegenüber der USA beträgt rund CHF 38.7 Milliarden. Exporte in die USA machten 2024 einen Anteil von 18.6% des gesamten Schweizer Exportvolumens aus. Rund 70% davon fallen auf Gold oder Pharma und sind vom neuen Zolltarif von 39% aktuell nicht betroffen.